HUBER.HUBER
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huber.huber and the authors
Sperrgut
Kunst(Zeug)Haus, Rapperswil-Jona CH (Link Kunstzeughaus)
27. Juni bis 22. August 2010
Kuratorin / Curator: Daniela Hardmeier
Artists: Reto Boller, Andreas Hofer, Mickry3, Aldo Mozzini, Lutz & Guggisberg, huber.huber, Uwe Wittwer, Adrian Schiess, Judit Villigers u.a.
Ist etwas sperrig, eckt es auch an. Es ist nicht einfach handhabbar und meist mit Mehraufwand verbunden. Es fordert heraus und hinterlässt manche Irritation. Was heisst das für die Kunst, und gar für eine Sammlung? Sperrgut vereint Arbeiten, die aufgrund ihrer Dimensionen, ihres Materials oder ihrer Aussage sich einem allzu schnellen Zugang entziehen. Die Ausstellung zeigt neben Hauptwerken der Sammlung unbekanntere Positionen und wird gezielt durch Leihgaben ergänzt.
Sperrige Kunst mit Ein- und Durchblick
Hauptwerke aus der Sammlung Bosshard im Kunstzeughaus Rapperswil-Jona
Zu ihrer ersten Ausstellung im Kunstzeughaus Rapperswil-Jona wurde die neue Kuratorin Daniela Hardmeier durch die eher «sperrigen» Arbeiten in der Sammlung von Peter und Elisabeth Bosshard angeregt.
«Wenn etwas sperrig ist, eckt es an», sagt Daniela Hardmeier und wählte für die Ausstellung im Kunstzeughaus ausladende Bodenarbeiten aus, etwa Hannes Brunners Architekturprojekt «one life, one mile», Adrian Schiess' «Farbverlauf» aus gespritztem Autolack auf Metallträgern oder Ueli Bergers Kartonboot mit ausgestanzten Rudern.
Subversives und Verspieltes
Auffallend ist die Materialvielfalt der Arbeiten, sei dies Glas, Metall, Holz, Karton, Papier, Wachs, Draht, Stein oder Gummi – arme Materialien, aus denen die Künstler ihre Objekte formten und die in der Sammlung Bosshard überproportional vertreten sind. Zu dieser Eigenart der Sammlung passt es, dass sich der künstlerische Gehalt der Werke erst bei genauerem Hinsehen erschliesst. Vielen Objekten, Fotografien, Malereien und Zeichnungen der rund fünfzig Kunstschaffenden eigen ist eine Art Schichtung, seien dies die Kartonschachteln von Ueli Bergers «Twin Towers», Beat Zoderers Glasrelief oder Stefan Gritschs Körper aus Pigmentfarben.
«Maske II» und «Klebebandspecht» nennt das Künstlerduo Andres Lutz und Anders Guggisberg ihre aus Fundstücken gefertigten Arbeiten. Wie Trophäen aus fremden Kulturen wirken ihre leicht und locker gefertigt erscheinenden Wandobjekte. Das Gleiche gilt für die überall in der Ausstellung aufgehängten Vogelhäuschen der Zwillingsbrüder Markus und Reto Huber, die aus in den Städten Zürich, New York und Rapperswil-Jona gefundenen Abfällen zusammengeschustert sind. Kann eine Stadt aufgrund ihrer Abfälle begriffen werden?
Auch Judit Villigers «Miniaturmuseum» aus Wachsobjekten und -landschaften setzt einen ironisch hintergründigen Akzent, orientiert sich doch die Künstlerin an berühmten Gemälden aus der Kunstgeschichte, modelliert indes die Hintergründe daraus dreidimensional und rückt so das vermeintlich Unwichtige in den Vordergrund.
Das Gedächtnis des Krieges
Auf dem Vorplatz des Museums zwängt sich ein bepackter Esel aus pinkfarbenem Styropor in den dort stehenden Schutzraum. Die Künstlerinnen von Mickry 3 setzen so einen hintersinnigen Kommentar auf den einstigen Zweck des Bunkers. In Hugo Suters Stadtlandschaft hinter opaker Glasscheibe mit dem Titel «Italien» sind nur schemenhafte Silhouetten zu erkennen. Erst bei einem Blick auf die Rückseite enthüllt sich das Geheimnis des Objekts.
Einen Höhepunkt in der Ausstellung markiert Uwe Wittwers wandfüllende Fotoarbeit «Monsun» (2005), in der er private Bilder ehemaliger Vietnamkämpfer digital bearbeitet und zu einem eindrücklichen Panoptikum über den Alltag des Krieges zusammenfügt. Es sind Unschärfen, die Veränderung von Format, Ausschnitt und Farbe bis zur Brechung und Spiegelung des ursprünglichen Bildes, mit denen der Künstler die Aura des längst vergangenen Geschehens aufbricht. Sujets wie der Weihnachtsbaum am Strand, die einheimischen Tänzerinnen oder der Blick in die Schlafkoje eines Soldaten werfen einen Blick auf das normal erscheinende Leben im Krieg. Trotzdem erscheinen die Bildmotive sehr verletzlich und immer leicht an der Schwelle zum Kippen ins Unwirtliche, Verstörende.
(Juli 2010; Neue Zürcher Zeitung: Suzanne Kappeler)