HUBER.HUBER

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huber.huber and the authors

Vor dem Ereignis wird der Himmel Zeichen geben

Link Show Projekt ETAGEN, Bern

ETAGEN Loebe, Bern
9. September - 17. Dezember 2011

Curator: Bernhard Bischoff

Seit dem Abschluss ihrer Ausbildung an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich im Jahre 2005 arbeiten die Zwillingsbrüder Markus und Reto Huber (*1975 in Münsterlingen) unter dem Namen huber.huber zusammen. Seither haben sie in zahlreichen Einzel- und Gruppenpräsentationen mit ihren irritierend-faszinierenden Werken auf sich aufmerksam gemacht. Die vordergründig idyllischen Arbeiten entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als tiefgründig-abgründige Analysen aktueller, gesellschaftspolitischer Fragestellungen. Thematische Gegensatzpaare wie Schönheit-Hässlichkeit, Freude-Trauer, Kultur-Natur oder Leben-Tod werden dabei vielschichtig umrundet. Immer wieder operieren sie an den Schnittstellen verschiedener Disziplinen - und verblüffen mit erstaunlichen Gegenüberstellungen: ernste Themen sind gepaart mit Ironie und Skurrilität, organisches Material mit anorganischem.

Für ETAGEN liessen sie sich von einem Ereignis inspirieren, das kürzlich stattfand: Tausende von Vögeln fielen tot vom Himmel – die Ursache blieb bis heute ein Rätsel. Endzeitprediger sahen im Vorfall ein “Zeichen“ für die beginnende Apokalypse, wie sie in der Offenbarung des Johannes angekündigt wurde. Mit dem in ihren Arbeiten lauernden Witz wurde das Naturphänomen aufgenommen und im Treppenhaus intelligent umgesetzt: Bilderrahmen stehen am Boden, die Scheiben beklebt mit Vogel-Stickern, die gebraucht werden, damit Vögel nicht in Fensterscheiben fliegen. Mit der Überklebung werden die gerahmten Glasscheiben zu Schattenrissen, einer Art Scherenschnitten – beleuchtet von den riesigen Treppenhausfenstern. Fliegen die Vögel, liegen sie – oder sind sie Reminiszenzen an die unerklärbaren Todesfälle, quasi schwarz gerahmte Todesanzeigen und somit ein Monument für die gefallenen, unbekannten Vögel? An den Wänden finden sich Kohlezeichnungen, die schemenhaft an Staubränder hinter jahrzehntelang aufgehängten Bildern erinnern.

Zuoberst im Treppenhaus ist die Videoarbeit “Land of Plenty“ zu sehen. Über einer Wasserfläche kreisen Raubvögel. Immer wieder stürzen sie sich runter, schnappen was und fliegen weg. Die Wolken zeichnen wunderbare Bilder auf der Wasserobefläche, stimmig untermalt mit eigens hergestelltem Sound von Michael Bucher. Bei längerem Hinsehen entpuppt sich die vermeintliche Bilderbuchidylle als technoides Kläranlagenbecken, die Zivilisation zerstört unvermittelt den “Locus Amoenus“, ja, Ekel macht sich gar breit, fischen die Vögel doch wortwörtlich “im Trüben“. Ein typisches Werk von huber.huber, in welchem die Ambivalenz von Natur und Kultur geschickt auf den Punkt gebracht wird.

Mit den eigens für ETAGEN hergestellten Arbeiten schaffen sie im Treppenhaus eine Art Gegenwelt zum bunten und lebendigen Warenhausbetrieb. Sie nehmen die Architektur geschickt auf; die Klinkerböden werden zum Klärschlammbecken - und von unten kommend lassen sich die Betrachterinnen treiben im Strudel der (End-)Zeit, deuten die Zeichen immer mehr vom Himmel her kommen, und entschwinden kreisend der Ausstellung. Was bleibt ist die Erinnerung; Schatten an Scheiben und Wänden als Reminiszenzen an eine andere Zeit, eine andere Welt.

Bernhard Bischoff, September 2011

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